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Eine letzte Geschichte über Schrauben, Fluchen und Liebe zum Detail

Es gibt Motorräder, die fährt man einfach. Und es gibt Motorräder, die lebt man. Die GSX-R 750 K2 war für mich definitiv die zweite Sorte. Nicht nur ein Fahrzeug, sondern ein Projekt, ein Lehrer, ein Gegner, ein Gedulds-Upgrade und manchmal auch ein Grund, Bier kaltzustellen. Und nach all den Monaten voller Arbeit, Rückschläge, kleinen Siegen und großen Schraubersessions habe ich sie verkauft.

Nicht, weil ich sie nicht mochte. Ganz im Gegenteil. Aber mit meinen knapp zwei Metern Körpergröße sitze ich auf so einer Rennsemmel ungefähr wie ein Affe aufm Schleifstein. Dazu kamen zwei Jahre, in denen Zeit Mangelware war – und ein Motorrad verdient Bewegung, nicht nur Pläne im Kopf und Staub in der Garage.

Das hier ist die komplette Geschichte meiner GSX-R 750 K2.
Von den ersten Suchanzeigen über Plastidip-Traumata, zwei völlig unterschiedlichen Designs, stundenlangem Polieren, Basteln, Fluchen – bis hin zu dem Moment, an dem ich sie guten Gewissens weitergegeben habe.

Wie alles begann – Die Suche nach meinem alten „ersten Motorrad“

Der Sommer stand vor der Tür, und statt ein modernes Bike zu kaufen, wollte ich etwas mit Seele. Am liebsten: genau das Modell, mit dem damals alles angefangen hat – eine GSX-R 750 K2.

Mein Wunschzettel:

  • unter 30.000 km
  • kein Unfall
  • bezahlbar
  • möglichst wenig gebrochene Verkleidungen
  • Bonus: frischer TÜV, ein paar nette Extras

Also Suchfilter gesetzt – und direkt gemerkt: Die Preise sind inzwischen… ambitioniert. Selbst abgefahrene Möhren lagen über 2.500 € (Was heute schon ein echtes Schnäppchen wäre). Aber ich hatte Zeit und Geduld.

Im März fand ich die erste Kandidatin:

GSX-R 750 K2 – 21.000 km, neue Reifen, BOS-Auspuff, TÜV bis September.

Einziger Kratzer in der Idylle: Tank und Verkleidung mit Plastidip überzogen.
Ich dachte noch: „Wird schon okay sein, bisschen Folie abziehen und hoffen, dass der Lack gut ist.“

Nach einer netten Unterhaltung einigten wir uns auf 2.300 € und das erste Bike war sicher.

Noch am selben Abend ploppte eine zweite Anzeige auf.:

  • MIVV-Auspuff
  • Stahlflex
  • kurze Hebel
  • Fußrastenanlage
  • ein Wilbers-Federbein
  • 31.000 km

2.000 € VB – also bot ich 1.500 €.
Der Verkäufer nahm an.

Plötzlich stand ich da: Zwei Maschinen, ein Plan – Budget pulverisiert.

Abholung – Anhänger, Chaos und Jamie

Anhänger gemietet, Jamie als seelischen Support eingepackt, Zugfahrzeug organisiert – ab nach Hannover.

Maschine Nummer eins: läuft. Maschine Nummer zwei: etwas rustikaler verladen, aber drauf ist drauf.

Um 1 Uhr nachts standen zwei GSX-R 750 K2 in meiner Garage.
Durchgefroren, ziemlich fertig – aber glücklich.

Das Projekt konnte beginnen.

Plastidip – die größte Lüge: „Mach ich schnell runter“

Ich bin mit der Einstellung rangegangen, dass das Entfernen der Sprühfolie drei Stunden dauert.

Alle folierten Teile waren betroffen:

  • Tank
  • Seitenverkleidungen
  • Kanzel
  • Fender
  • Heck

Obere dicke Schichten ließen sich gut abziehen. Darunter wurde es langsam, klebrig und nervenfressend. An vielen Stellen riss die Folie im Millimeterbereich – du ziehst stundenlang Fetzen ab und fragst dich irgendwann, warum du nicht Briefmarken sammelst.

Mit Bremsenreiniger, viel Geduld und geschundenen Fingern bekam ich irgendwann den letzten Rest runter. Überraschung: Der Lack darunter war in erstaunlich gutem Zustand. Nur das Heck hatte einen Riss und eine fragwürdige Glasfaser-Reparatur – ersetzt durch das Heck der zweiten Maschine.

Polieren – wenn 20 Jahre alter Lack wieder leben lernt

Der Lack war stumpf, matt und an vielen Stellen einfach alt. Also ging’s ans Eingemachte:

  • gründliche Wäsche
  • Lackknete
  • Entfetten
  • Lackdickenmessung (manchmal kritisch wenig Material)
  • Polieren mit Menzerna-Kombination
  • Finish
  • abschließende Versiegelung mit Soft99 King of Gloss

Die Verwandlung war enorm.
Die Remair-Kanäle glänzten wieder.
Die Verkleidungsteile hatten neuen Tiefenglanz.
Die Maschine wirkte plötzlich wie frisch lackiert – nur halt mit 20 Jahren Geschichte.

Umbauten – wenn man einmal anfängt…

Was als „ein bisschen wieder hübsch machen“ begann, wurde ein Full-Restomod:

  • schwarzer, verstellbarer Kennzeichenhalter
  • futuristische Blinker mit Lauflicht
  • komplette Kupplung neu
  • Ölwechsel + Filter
  • CNC-Kettenspanner
  • neues Kettenkit, fachgerecht vernietet
  • frische Bremsflüssigkeit vorne und hinten
  • Vtrec-Hebel in Langversion
  • neue Heckverkleidung + Soziusabdeckung
  • später: ein Arrow-Endtopf
  • Stahlflex Bremsleitungen

Jede Baustelle führte zur nächsten.
Jeder Umbau gefühlt zu drei weiteren Ideen.
Der klassische Kettenreaktionseffekt eines Schrauberlebens.

Das Design – vom Waschwerkstatt-Werbebike zum Cyberpunk-2077-Racer

Ich habe die GSX-R in zwei komplett unterschiedlichen Designs erlebt – jedes davon mit seinen eigenen Nervenmomenten.

Design 1: Das Waschwerkstatt-Werbemotorrad

Nachdem die Maschine technisch wieder auf dem Damm war, stand sie nackt und komplett ohne Aufkleber da. Für mich sieht eine japanische Rennmaschine ohne Grafik irgendwie unfertig aus.

Also sollte das Bike ein Waschwerkstatt-Racer werden:

  • die originalen Zacken der K2 beibehalten
  • Seifenblasen, Pflegemittel-Elemente und Logos eingebaut
  • Sponsorenaufkleber von detailrelevanten Marken
  • Rennlook, aber eigenständig

Am Tablet habe ich tagelang gezeichnet, angepasst, verworfen, neu begonnen.
Dann ging’s ans Plotten und Kleben – und genau da wurde es richtig spannend.

Motorradverkleidungen sind fast überall gewölbt. Jede Rundung, jeder Übergang, jede Kante sabotiert das perfekte Ausrichten. Manche Sticker habe ich dreimal neu geplottet. Manche Bereiche spontan mit Seifenblasen ergänzt – perfekte Tarnung für Fehlversuche.

Design 2: Das Cyberpunk-2077-Rework

Nach einer Weile wollte ich etwas komplett anderes.
Nicht mehr Werbebike – sondern futuristisch, kantig, neonartig.
Etwas, das aussieht, als hätte man Night City ins Jahr 2002 importiert.

Also entstand das zweite Design:

  • Symbole und Warnzeichen aus Cyberpunk 2077
  • futuristische Linien
  • kontrastreiche Akzente
  • leuchtende Elemente
  • komplett neue grafische Sprache

Auch dieses Design habe ich selbst entwickelt, geplottet, entgittert und geklebt.
Die Erfahrung vom ersten Versuch half – die Fluchintensität sank von 10/10 auf 9/10.

Am Ende sah die GSX-R aus wie ein Bike, das aus einem Spiel herausgefallen ist.
Individuell, auffällig und absolut nicht von der Stange.

Wenig Zeit, wenig Platz – und ein Körper wie ein Laternenmast

So sehr ich das Bike auch geliebt habe, Ich bin einfach zu groß für die GSX-R.
Mit knapp zwei Metern sitze ich da drauf wie ein zu lang geratenes Klappmesser.

Dazu kam: Ich hatte dieses Jahr kaum Zeit. Die Maschine wurde schöner, sauberer, besser – aber sie wurde nicht bewegt. Und ein Motorrad, das so viel Liebe bekommen hat, sollte nicht stillstehen. Also fiel die Entscheidung. Schwer, aber richtig.

Der Verkauf – kurz, ehrlich und richtig

Keine langen Diskussionen, kein Zirkus. Der Käufer war sehr happy mit der Maschine und ich bin froh, dass sie in gute Hände kommt.

Was bleibt:

  • der Geruch von Bremsenreiniger
  • Stunden des Fluchens über Plastidip
  • das erste Starten nach dem Kupplungsumbau
  • Polierschleier in der Garage
  • Designnächte vor dem Plotter
  • und das zufriedene Gefühl, ein Projekt sauber abgeschlossen zu haben

Aber jetzt ist Platz für etwas Neues. Für das nächste Fluchprojekt.

Und jetzt seid ihr dran:

Welche Maschine würdet ihr als Basis für mein nächstes Schrauberabenteuer empfehlen? Ich bin gespannt – und bereit für das nächste Projekt.

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